1.000 Euro mehr pro Haushalt: Was die neue Strompreiserhöhung bringt

Januar 04, 2023
11:39
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Januar 04, 2023
11:39

Der „Preis-Tsunami“ trifft Deutschland erneut, dieses Mal mit höheren Strom- und Gasrechnungen


Das neue Jahr beginnt mit einer weiteren Preiserhöhung für Gas und Strom. Viele Verbraucher haben bereits ein Schreiben ihres Anbieters erhalten, in dem er sie vor einer bevorstehenden starken Preiserhöhung warnt. Das Ausmaß des Problems ist so erheblich, dass Experten es mit einem Tsunami vergleichen. Key News hat herausgefunden, ob die staatlichen Hilfen effektiv sein werden und welche Maßnahmen Hausbesitzer bereits ergreifen, um sich vor den hohen Rechnungen zu schützen.

Plus 1.000 € pro Familie

„Sind die Anbieter plötzlich verrückt geworden? – fragt Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. – Obwohl die Großhandelspreise in letzter Zeit wieder gesunken sind, werden viele Privathaushalte im neuen Jahr von einem Preis-Tsunami getroffen“.

Laut einer Verivox-Analyse hatten die regionalen Stromversorger bis Mitte Dezember 743 Preiserhöhungen für 2023 angekündigt, was einem Durchschnitt von 54 % entspricht. Für eine 3-köpfige Familie, die in einer Wohnung lebt, bedeutet diese Erhöhung Mehrkosten von rund 700 €. Für private Haushalte mit einem Verbrauch von mehr als 20.000 kWh ist die Situation noch schlechter. Das ist eine Menge – ungefähr so viel, wie eine siebenköpfige Familie in einer Villa mit allen Geräten, Fußbodenheizungen usw. verbrauchen kann. Auf sie könnten zusätzliche jährliche Kosten in Höhe von 1.100 € zukommen, so dass größere Familien gut daran tun, auf Sparmodus umzuschalten. Doch das ist noch nicht alles: Zum Jahresende stiegen die so genannten „Netzentgelte“ für Strom und Gas in Deutschland um durchschnittlich 20 %.

Die Energieunternehmen begründeten die Preiserhöhungen mit den hohen Einkaufskosten, da der Großhandelspreis pro Kilowatt durch die Leistung der teuren Gaskraftwerke bestimmt wird. Um den Preisanstieg einzudämmen, führt die Regierung eine Anti-Schock-Therapie durch: Sie hat beschlossen, die Preise für Gas, Strom und Fernwärme für die Verbraucher zwischen März 2023 und April 2024 einzufrieren. Während dieses Zeitraums wird der Staat die Preisdifferenz zu den Versorgern ausgleichen, wofür rund 200 Mrd. EUR bereitgestellt werden. Diese Mittel werden übrigens unter anderem auf Kosten der Erzeuger von „grünem Strom“ angesammelt – der Staat wird ihn bald nicht mehr zu supergünstigen Tarifen kaufen.

Die „Ampelkoalition“ plant auch strengere Projekte, die es den Versorgern verbieten, die Energiepreise das ganze Jahr über zu erhöhen, es sei denn, die Energieunternehmen können eindeutig nachweisen, dass „die Preiserhöhung objektiv gerechtfertigt ist“. Darüber hinaus werden auf Bundesebene Anreize für die Verbraucher zum Energiesparen geschaffen: Bei niedrigem Verbrauch werden die Energiekosten nahezu angemessen sein (etwa 40 Cent pro kWh). Um sicherzustellen, dass die ärmsten Bevölkerungsschichten geschützt werden, schlagen die CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann und Mark Helfrich vor, nur diejenigen zu unterstützen, die wirklich Hilfe benötigen. Zur Differenzierung ist die Entwicklung einer App geplant, mit der die Verbraucher anhand von Daten der Anbieter und des Finanzamtes selbst ausrechnen können, wie viel Rabatt sie letztlich erhalten können.

Die Suche nach günstigen Angeboten

Doch egal, was die Anbieter sagen und egal, was die Regierung verspricht, angesichts der hohen Inflation und des realen Einkommensrückgangs sorgt eine weitere Preiserhöhung für Unzufriedenheit und Spannungen. Außerdem sind die Kosten für Strom und Gas trotz der auferlegten Preiskontrollen so hoch wie nie zuvor in der Geschichte Deutschlands.

Um Kosten zu sparen, rät die Sachverständigenorganisation Storck den Verbrauchern, im Falle einer ungewollten Preiserhöhung von ihrem Recht auf vorzeitige Kündigung Gebrauch zu machen. Gemäß den Vorschriften müssen die Anbieter die Verbraucher mindestens sechs Wochen vor einer Preiserhöhung informieren, doch diese Frist wurde in letzter Zeit nicht überall eingehalten. Das Problem ist jedoch, dass relativ billige Strom- und Gasanbieter als eine Handvoll angesehen werden können. Nach Angaben von Verivox liegen die Kostenunterschiede in den verschiedenen Bundesländern jedoch bei rund 100 Euro pro Monat – und das ist kein geringer Betrag.

Nach Ansicht von Experten wirkt sich nicht nur die Anzahl der verbrauchten Kilowatt auf die Höhe des Gesamtstromverbrauchs aus, sondern auch der Zeitpunkt des Verbrauchs. Für ein stabiles Energiesystem ist es wichtig, Lastspitzen in den Morgen- und Abendstunden zu vermeiden. Deshalb werden die sozial verantwortlichen Deutschen aufgefordert, energieintensive Vorgänge, wie das Aufladen des Autos oder das Erhitzen von Wasser für die Familie im Boiler, in die Nachtstunden zu verlegen.

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, ist der Meinung, dass Sparen bei Gas, Licht und zentralem Wasser der effizienteste Weg ist, um den Geldbeutel zu schonen. Er sagte, dass das Land bisher 13 Prozent der normalen Gasmenge eingespart hat und dass wir 20 Prozent einsparen müssen, um den Winter zu überstehen.

„Weiter gibt es nicht mehr zu sparen – viele Menschen haben bereits aufgehört, ihre Büros zu heizen, und in ihren Wohnungen werden nur noch wenige Räume beheizt. Meine einsame Nachbarin hat dieses Jahr noch nicht geheizt – ihre kleine Wohnung liegt mitten im Haus und wird auf Kosten der anderen Nachbarn geheizt“, schrieb der Münchner Nicholas Klein in einer Stadtgruppe.

Die Weigerung, den ersten Stock eines Hauses zu heizen, ist in diesem Jahr offenbar zu einer weit verbreiteten Praxis geworden. So sehr, dass es die Versicherungsgesellschaften beunruhigt hat. Sie sind besorgt darüber, dass die Menschen Räume und Böden unbeheizt lassen, und warnten, dass die Temperatur dort über Null bleiben muss. Andernfalls besteht die Gefahr, dass in den Wänden versteckte Wasser- und Abwasserrohre platzen, denn in diesem Fall führen die Reparaturkosten dazu, dass die Einsparungen auf Null sinken.

Der Boom der Solarzellen

Unter diesen Bedingungen und zusätzlich zu der Gewohnheit, zu duschen statt zu baden, finden die Menschen sehr ungewöhnliche Wege, um Geld zu sparen. Ein Mini-Solarkraftwerk zum Beispiel kann dazu beitragen, den Verbrauch zu senken und den Haushalt unabhängiger zu machen. Mit anderen Worten: 2-3 Solarpanele auf dem Balkon und eine kleine Batterie zur Stromspeicherung. Die Nachfrage nach „Balkon-Solarkraftwerken“ in Deutschland hat ihren Höhepunkt erreicht: Alle aktuellen Angebote sind ausverkauft und es gibt eine Warteliste für neue Lieferungen. Nach Angaben der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) gab es Ende letzten Jahres 190.000 Balkonkraftwerke in Deutschland. Das sind doppelt so viele wie im Jahr 2021. Insgesamt 120 Megawatt Strom werden bereits von privaten Balkonkraftwerken erzeugt – das entspricht der Nennleistung von 20 großen Windrädern. Mit Kosten ab 400 € pro Paneel und einer Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten werden sie dazu beitragen, den Stromverbrauch in den Städten deutlich zu senken.

„Dies ist eine gute Investition für Wohnungseigentümer, die nicht die Möglichkeit haben, Paneele auf dem Dach ihres Hauses oder auf der Sonnenwiese ihres eigenen Grundstücks anzubringen. Ich habe drei Paneele auf meinem Balkon im vierten Stock, und jetzt bin ich fast unabhängig von der Stromversorgung“, sagt der Berliner Matthäus Weiner. – Sie versorgen alle elektrischen Geräte in der Wohnung, einschließlich des Heizkessels und der Fußbodenheizung. Aber ich habe meinen Vertrag mit meinem Lieferanten beibehalten, weil die Leistung der Paneele stark vom Wetter abhängt. Aber ich werde mit den Paneelen zwischen 600 und 1.000 Euro pro Jahr sparen, was bedeutet, dass sich meine Investition innerhalb von ein paar Jahren amortisiert haben wird“.

Neben den Privathaushalten stellen auch Büros, z. B. von Anwaltskanzleien, nach und nach auf Solarstrom um. Da Sonnenkollektoren die schnellste Möglichkeit sind, zusätzliche Energie zu gewinnen, hat die EU beschlossen, bis 2027 alle gewerblichen Gebäude mit Sonnenkollektoren auf ihren Dächern auszustatten.

Anastasija Rjabokon

Journalist, Redakteur-Analyst Seit 2005 arbeitet sie in verschiedenen ukrainischen Tages- und Analysepublikationen. Sie bereitet Artikel zu politischen und gesellschaftlich bedeutsamen Themen vor. Schon seit der Schule wusste sie, dass sie Journalistin wird und Schulaufsätze wuchsen allmählich zu urheberrechtlich geschütztem Material.

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